Freitag, 20. Juni 2008
zeigefingerfood
wir spinnen, wir alle, millionen von uns, jeder für sich.

noch schmecken wir, herbes bier, kakao und zimt,
noch laufen wir, zum bus, auch wenns zu spät is' ,
noch riechen wir, sommerregen, salziges meer,
noch können wir unterscheiden: reales, virtuelles.

aber schon sitzen wir, zuhaus, überall,
schon hören wir, sehen nur, 32bit in neunzehn zoll,
schon fühlen wir, plastik nur, schwarz, mac-weiss,
schon reden, lachen, weinen wir, schweigend oder leis'.

noch lache ich lieber, laut, schallend
noch fühle ich lieber, zarte haut, süße frucht,
noch rauche ich, und hauche "ja? liebes?",
wenn mich mein mädchen ruft.

und schon sitze ich, wieder da und überall,
zu später stund, und morgens schon,
die ganze welt, ein klick enfernt,
zeigefinger, öffne, zeige, bis mein auge brennt.

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Worte Worte
Sag ich dazu nur, wie zu allen pathetischen Anwandlungen Testosteron verwirrter Gehirne (Gedichte) :P
Nichts als Worte:

SIE:
Worte,
Worte,
nichts als
Worte.

ER:
Wenn das Worte
waren, die wir
zwischen diesen
Laken tauschten,
frag ich mich denn
doch, mein Liebling:
Was verstehst du
unter Taten?

SIE:
Laken, Liebling, Taten -
Worte, nichts als Worte!

ER:
Lauter Worte, zugegeben,
Worte aber, denen Taten
deshalb nicht zu folgen haben,
da sie selber Taten folgen,
diese dergestalt verlängernd,
dass die Süsse unsrer Taten
ufbewahrt in schönem Wort bleibt,
bis ans Ende unserer Tage.

SIE:
Sag mal ehrlich: Bist du noch zu retten?
Redest hier vom Ende unsrer Tage,
dabei hat die erste unsrer Nächte
kaum begonnen, Schatzi, also rühr dich!

ER:
Grade wollte ich die Weichheit
deines warmen Leibs besingen,
wollte dich in höchsten Tönen
als der Weiber schönstes preisen,
wusste schon die unerhörten
Bilder, die dich feiern sollten,
da zerstörst du deinen Nachruhm
mit dem schnöden Satze: Rühr dich.

SIE:
Weichheit, Bilder, Nachruhm -
Worte, nichts als Worte!

ER:
Weisst du andres
nicht zu sagen
als dein Worte,
nichts als Worte?
Dann sag ich dir:
Hüte deine
Zunge, Liebling,
sonst passiert was.

SIE:
Worte,
Worte,
nichts - na
endlich!

Robert Gernhardt

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